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Erich Aschwanden
12.12.2017, 05:30 Uhr
Der Steuervogt klopft bei den Bitcoin-Besitzern an
Als erste Kantone haben Luzern und Zug Merkblätter für die Deklaration von Kryptowährungen veröffentlicht. Wer mit Bitcoins handelt, sollte sich überlegen, ob er seine Gewinne versteuern will.
Noch vor einem Jahr waren Kryptowährungen höchstens ein Thema für Insider. Doch spätestens seitdem der Bitcoin von Rekord zu Rekord klettert, interessieren sich immer mehr Leute für Digitalwährungen, von denen es inzwischen rund 900 gibt. Viele konnten der Verlockung nicht widerstehen und haben in den vergangenen Wochen Bitcoins gekauft und auf weiter steigende Kurse gesetzt.
Steuerliche Behandlung führt zu Fragen
Das steigende Interesse der Investoren an Kryptowährungen bekommen auch die Steuerverwaltungen zu spüren. Im letzten halben Jahr hätten die Anfragen von Steuerberatern und Privatpersonen stark zugenommen, stellt Philipp Moos fest. Er ist der Leiter der Abteilung Natürliche Personen bei der Zuger Steuerverwaltung und hat auch schon Private aus anderen Kantonen beraten. ¬´Alle wollen wissen, wie sie Bitcoins und andere digitale Währungen versteuern müssen¬ª, sagt Moos.
Dass ausgerechnet die Zuger Steuerverwaltung in diesen Tagen besonders gefragt ist, kommt nicht von ungefähr. Im sogenannten Crypto Valley in der Nähe der Stadt Zug haben sich nämlich zahlreiche Startup-Firmen aus der digitalen Finanzbranche angesiedelt. Darunter etwa die Erfinder der virtuellen Währung Ethereum. Die Behörden von Stadt und Kanton vermarkten sich offensiv als Vorreiter in diesem Bereich. Die Stadt Zug akzeptiert Bitcoins seit Mitte 2016 zur Bezahlung von Dienstleistungen der Einwohnerkontrolle. Die Zuger Verwaltung war die erste weltweit, die diesen Schritt wagte. Seit dem 2. November können ausserdem Gebühren beim Handelsregisteramt des Kantons Zug mit den Kryptowährungen Bitcoin und Ether bezahlt werden.
Doch es war Luzern, der als erster Kanton Mitte November ein Merkblatt für Privatpersonen zur steuerlichen Behandlung von Bitcoin und Co. auf seine Website gestellt hat. Inzwischen hat auch der Kanton Zug ein Merkblatt für Privatpersonen veröffentlicht. Die Botschaft der Steuerverwaltungen ist klar und gilt für die ganze Schweiz: Bitcoin und andere digitale Währungen unterliegen der Vermögenssteuer. In den meisten Kantonen müssen sie deshalb im Wertschriftenverzeichnis aufgeführt werden. Steuerrechtlich handelt es sich bei einer digitalen Währung nämlich um ein geldwertes Recht an einer Sache, die zum Reinvermögen zählt.
Bitcoin und Co. sind als Vermögen zu deklarieren
Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen, zu dem auch die virtuellen Währungen gehören, sind grundsätzlich steuerfrei. Dementsprechend können auch Verluste auf Kryptowährungen steuerlich nicht abgezogen werden. Dass es zu solchen kommen wird, ist angesichts der wachsenden Anzeichen für eine Blasenbildung immer wahrscheinlicher.
Etwas anders präsentiert sich die Situation, wenn jemand nicht nur als spekulatives Hobby mit Kryptowährungen handelt. Erfahrungen mit der Qualifizierung, ob jemand nur privat oder gewerbsmässig mit Kryptowährungen handelt, gibt es bisher noch nicht. Gemäss Moos wird der Kanton Zug in dieser Hinsicht wie schon beim gewerbsmässigen Handel mit Wertschriften eine eher konservative Betrachtung anwenden. ¬´Doch wir werden auch konsequent sein, wenn künftig jemand Verluste geltend machen will, die er beim Handel mit Bitcoins eingefahren hat¬ª, betont Moos. Wer also im grossen Stil Kryptowährungen handelt, überlegt sich also besser rechtzeitig, ob er sich nicht von vorneherein als Händler deklariert.
Politiker befürchten ein ¬´Himmelfahrtskommando¬ª
Nicht nur der Steuervogt, sondern auch die Politik interessiert sich zunehmend für das Phänomen. So haben die Zuger Kantonsparlamentarier Karen Umbach (fdp.) und Philip C. Brunner (svp.) vor kurzem eine Interpellation eingereicht. Sie befürchten, dass die Stadt Zug und die kantonale Volkswirtschaftsdirektion ¬´mit einem hohen Reputationsrisiko versuchen, den Wirtschaftsstandort Zug über ein sogenanntes ‚ÄπCrypto Valley‚Ä∫ imagemässig weltweit zu profilieren¬ª.
Die Politiker wollen wissen, wie hoch auf Franken und Rappen die in den letzten fünf Jahren bezahlten Steuern im Zusammenhang mit den Kryptowährungen waren. Brunner ist äusserst skeptisch, ob die Staatskasse von dem Boom profitieren wird. ¬´Wieso sollte jemand in der Steuererklärung Bestände einer Währung deklarieren, die explizit von ihrer Anonymität lebt?¬ª, fragt Brunner. Er vermutet, dass es sich bei der ganzen Entwicklung eher um ein hochriskantes Himmelfahrtskommando handelt, dem die Finma in Kürze einen Riegel schieben wird.
Quelle:
https://www.nzz.ch/schweiz/der-steuervogt-klopft-bei-den-bitcoin-besitzern-an-ld.1336439